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Zünfte

Im Mittelalter schlossen sich die Handwerker zu Zünften zusammen, um ihre Position im Wirtschaftsleben ihrer Stadt abzusichern. Die Zunftordnung regelte Berufsausbildung und Berufsausübung. Für jede Zunft wurde eine Satzung, „der Zunftbrief“, aufgestellt. Die ersten Zunftbriefe in Weilburg stammen aus dem 16.Jahrhundert, der Regierungszeit der Grafen Albrecht (1559-1593) und Ludwig II. (1593-1627). Sie wurden nach dem 30-jährigen Krieg neu gefasst oder von dem jeweiligen Regenten bestätigt.

 

Ältestes überliefertes Original ist „Die Weilburger BeckerOrdnung Vom Jahr 1611“. (Die Schneider erhielten ihren ersten Brief allerdings schon 1593.) Jeder Handwerksbetrieb war hierarchisch aufgebaut: Meister, dann Geselle, zum Schluss der Lehrling. Jeder ehelich geborene Bürgerssohn konnte mit einer Ausbildung beginnen. Dabei hatte er dem Meister ein Lehrgeld zu zahlen. Je nach Handwerk betrug die Lehrzeit 2-4 Jahre und endete nach einer Prüfung mit dem Aushändigen des Gesellenbriefs und der Freisprechung in Anwesenheit der Zunftmeister. Damit verbunden war die Pflicht, auf Wanderschaft zu gehen (2-3 Jahre) und dies auch zu protokollieren. Der Gesellenbrief und das Wanderbuch berechtigten den Gesellen dazu, sein Meisterstück anzufertigen, um so den Meisterbrief zu erhalten. Das Meisterstück wurde von jeder Zunft genauestens vorgeschrieben.

 

Gesellenbrief

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Gesellenbrief des Schuhmacherhandwerks für Johann Chrischoll, ausgestellt 1639 in Weilburg.

 

Beispielsweise mussten die Schreiner eine Tür oder einen Kasten (Schrank) anfertigen und die Büchsenmacher ein Futterschloss mit drei Rädern samt einem gereiften Rohr; die Schlosser ein Schloss mit drei Riegeln und einer Falle zum Auf- und Zuhalten herstellen und die Hufschmiede ein Hufeisen schmieden, das sie nicht zweimal an den Pferdehuf anhalten durften. Beim Aufschlagen des Eisens auf den Huf mussten sämtliche Hufnägel innerhalb eines Kreises sitzen, der vorher mit Kreide aufgemalt worden war. Die Glaser mussten ein Rautenstück löten, bestehend aus 54 Rauten, wobei ein Bund gleich dem anderen und alles wasserundurchlässig zu sein hatte; die Sattler einen deutschen Sattel und ein Kummet mit nur einer Naht nähen und die Maurer ein Kreuzgewölbe mauern, das in seiner Vierung maßstabgerecht zum Plan stimmte.

 

Archivbild

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Zunftmeister in Weilburg und den umliegenden Dörfern im Jahr 1756: 31 Bäcker, 15 Hammer (davon 3 Glaser, 3 Schlosser, 4 Steindecker, 2 Büchsenmacher, 2 Sattler, 1 Messerschmied), 23 Schuhmacher, 9 Strumpfweber, 10 Schneider, 5 Färber, 4 Schmiede (darunter der herrschaftliche Uhrmacher und Nagelschmied), 10 Metzger, 14 Schreiner.


Dazu werden noch weitere Zünfte genannt: Maurer, Zimmerleute, Weißbinder, Häfner, Müller, Küfer und Brauer, Gerber und Löher, Krämer, Wirte, Hutmacher, Seiler, Knopfmacher.

 

Was war mit den Personen ohne Bürgerrecht, den „Nicht- Standesgemäßen“, den „Unanständigen“? Dazu gehörten Unehrliche, Rechtlose, Unredliche, Leibeigene, Unfreie, Uneheliche.


Es gab jedoch auch viele Einwohner, die einer Arbeit nachgingen, deren Beruf nicht zunftfähig war: Scharfrichter (Henker), Amtsbüttel, Gefängniswärter, Totengräber, Schäfer und Hirten, Müller (zunftfähig ab 1756), Leinweber, Türmer, Nachtwächter und das fahrende Volk. Man behandelte sie wie Aussätzige und scheute jeglichen Umgang mit ihnen.


Am 15.Mai 1819 wurden die Zünfte durch ein Edikt aufgehoben.